Hey Kotzis! Da sind wir wieder. Immer noch. Immer noch in Tromsö. Wer hatte eigentlich diese beschissene Idee? Ach ja, das war ja ich. Yeah für mich selber! Hüstel. Von Kristiane ist derzeit wenig Applaus zu erwarten, weil die sitzt hier überraschenderweise auch noch fest. Und wenn sie mich nicht getötet hat, dann leben wir noch heute…..
Stellte sich raus: Tromsö kann nix. Okeh, ist gelogen. Tromsö kann bestimmt voll viel und die Natur ist Wahnsinn und so, aber wir waren halt immer noch underdressed. Ja, nennen wir es mal so.
Man kann wahnsinnig toll Kajak fahren. Wenn man nicht nur Turnschuhe mithat. Man kann wandern bis in die Dämmerung. Man kann Polarlichter schauen. Man kann Kreuzfahrttouristen erschrecken, in dem man sich Tarnkleidung überwirft und plötzlich hinter einem Schneehaufen hervorspringt. Wenn man nicht…ihr versteht schon.
Uns blieb also nur rumlaufen. Mache ich eigentlich sehr gerne. Wenn ich dabei nicht eine mit Hasenblut besudelte Jeans tragen muss und neben mir nicht meine Freundin & Bandkollegin mit ner selbstgebastelten Mütze aus lokalem Hase wütend herumschlittert. Ich habe mich mehr als ein Mal gefragt, wie wir wohl auf Andere wirken mussten, aber meine Phantasie musste ich nicht zu sehr anstrengen. Die verstört-abschätzigen Blicke ALLER Menschen, die uns begegneten, waren Wegweiser genug. Hi, we are se Germans. We make se Punk music, ja?
Wir gingen essen. Es kostete beschissen viel. Ich wurde wortlos mit Radieschen beworfen. Da war sehr viel Schweigen und das gefiel mir nicht.
“Ey komm, jetzt sei nicht so, Kristiane. War nicht meine beste Idee, aber lass uns doch jetzt das Thelma & Louise – Ding durchziehen. Die Spur der Verwüstung! Du & ich! Also vielleicht ohne Mord und Selbstmord. Wir suchen dir jetzt Brad Pitt!” sagte ich im euphorischsten Tonfall, zu dem ich in der Lage war. Sie schaute mich an. Lange. Mit dieser Mischung aus Verachtung und Freundschaft. “Echt jetzt? Echt? Thelma & Louise? Hier? Hier ist es sogar für Selbstmord zu kalt und in Sachen Brad Pitt? Schauste dich mal bitte um? Alle schäbig hier. Alle! Wenn mir die verschissene Hasenmütze dank deiner nicht vorhandenen Fähigkeiten nicht bald n Auge aussticht, dann wird das nix. Ich will nach Hause. Ich will auf meine Couch!”
Wir diskutierten noch ein wenig darüber, wie scheiße ich eigentlich wirklich und genau bin und dann hatte ich sie so weit, dass wir loszogen, um zu randalieren. Da hatte ich Bock drauf. Was kaputt machen. Nicht konform sein. Und aus dem Restaurant mussten wir eh raus. Man hatte uns darum gebeten….
Die dann folgenden Randale…nun, was soll ich sagen….sie hielt sich in Grenzen. Zum einen war es immer noch wirklich sehr sehr kalt und außer der Tatsache, dass wir auch nicht jünger werden, war es einfach zu hübsch da, um ernsthaft Schaden anrichten zu wollen.
Wir traten also gegen ein paar Blumenkübel. Wir gingen bei Rot über die Straße. In der fancy Kirche hat Kristiane mal kurz geflucht und dann standen wir auch schon auf so nem Hügel, von dem aus man den Hafen und eine recht imposante Aussicht betrachten konnte. Alles war so….friedlich. Natur in all ihrer brachialen Hübschheit. Ruhe. Schnee. Hier konnten selbst wir, die härteste Punkband EVER, nicht randalieren, oder?
“Sollen wir unsere Namen in den Schnee pinkeln?” fragte ich logischerweise in die Stille und Kristiane zuckte gelangweilt die Schultern und sagte “Wenn’s sein muss….”. Fragt nicht, wie wir das machten, aber wir können es halt. Wir verewigten uns im norwegischen Schnee, waren ganz ergriffen von uns selber, nahmen uns in die Arme und starrten auf den Hafen.
“Was denkst du gerade?” fragte Kristiane in die Stille hinein und ich so “Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten.”. Daraufhin fing sie wieder an, auf mich einzudreschen. Immer die gleiche Leier. Ich wehrte mich ein wenig und bei diesem Scharmützel geriet ihr irgendwie so ne Hasenpfote ins Auge und verfing sich gleichzeitig in ihren Haaren. Da war dann plötzlich sehr viel Geschrei und Gezeter und obwohl sie mich ständig gegen das Schienenbei trat, rettete ich Kristiane aus dieser misslichen Lage und richtetet ihr die Hasenmütze. Als sie sich beruhigt hatte fragte ich sie, ob ich noch was tun könnte und sie nur so “Nee, jetzt tut´s nicht mehr weh” und ob dieser Worte musste ich direkt wieder n bissi flennen, was ihr gar nicht schmeckte.
“Oaaaar, Oda! Jetzt reicht´s aber wirklich!” war das letzte, das ich hörte bevor sie mich ansprang, in den gelben Schnee schubste und dann einfach weg ging. War aber nur aus Liebe. Glaub ich.
Punk will never die!