Hey Kotzis!
Die aufmerksamen und nüchternen Leser unter euch wissen bestimmt noch, dass unser Fan Jean-Jacques, das geile Pferd, uns zu nem Gig bei einem Anti-Antiagressionstraining eingeladen hat und wie sehr wir auf sowas stehen. Weil Vorbereitung aber key ist und wir gerade eh nix besseres zu tun haben, dachten wir uns: hey, gehen wir mal zu so nem richtigen Anti-Aggressionstraining. Weil: kann bei uns ja vielleicht auch nicht schaden und dann wissen wir auch, wie der Gegenentwurf aussehen würde. Wir hätten es vielleicht noch mal überdenken sollen.

Tatort Seminarraum. Es sah genau so aus, wie man sich so schlimme Seminarräume vorstellt. Beige, grau, leer, schlimm. Mit nem Flipchart drin, auf dem so ne pseudo-motivierende Begrüßung gemalt war. Hab ich innerlich direkt nen Anfall bekommen. Ich hab so ne Flipchart-Allergie entwickelt im Laufe der Berufsjahre. Dann auch: Stuhlkreis. Fucking Stuhlkreis! Als wir ankamen, saßen da schon so´n Mucki-Prollo, ein Typ mit  Dreadlocks und ne Frau, die aussah, als ob sie gerne scheiß Andrea Berg hört und das dann als “steil gehen” bezeichnet. 
Und dann halt: wir. “Da hattest du ja mal wieder ne richtig geile Idee, Oda!” grummelte mich Kristiane an. Das Alkoholverbot bei dem Seminar kam für uns beide unerwartet und hatte eine von uns ein bißchen mehr getroffen als die andere…..

Als der Humbug los ging, war klar, dass wir 5 die komplette Besetzung waren. Gecoacht wurden wir von nem Typ, der aussah wie Willy Tanner von Alf. Ihr wisst schon, der Typ, der durch Cracksucht und Gayporn mit Obdachlosen von sich Reden gemacht hat. Da musste ich die ganze Zeit dran denken und lachen. Schlechte Wahl, wenn jemand gerade davon erzählt, warum er an dem Seminar teilnimmt. 
Als Erster war das Dreadlocks-Stinktier dran und erzählte irgendsone Story davon, wie er mal versucht hat, ne Olle anzugreifen, als er auf dringender Suche nach THC war. Das war vor 3 Jahren und noch heute schämte er sich dafür und bla bla. Bei “THC” musste ich wiederum wieder an die Willy Tanner-Crackstory denken und fing ein peinlich unterdrücktes Grunzlachen an. Mucki-Prollo stand daraufhin auf, sagte “Die Scheiße hier geb ich mir nicht!” und ging. Da war erstmal Schweigen. Ungefragt find danach Andrea Berg an, davon zu berichten, dass sie “im Inneren” fühle, dass sie eine Hexe sei und auch keine gute und dass sie Angst davor habe, was das mit ihr und “der Menschheit” mache. Komplett bizarr. 

Als ich Kristiane gerade diskret gestikulieren wollte, dass wir uns jetzt auch mal besser verpissen sollten, fing die auf einmal an, zu reden. Quatschte so Zeug von wegen dass die Punk-Attitüde ja auch generell eher aggressiv sei und wir uns wohl nicht immer so im Griff hätten wie wir es vielleicht sollten und tischte dann so Stories wie “Oda hat in die Boxen gepinkelt” und “ich hab Leute gebissen” und von der leichten Eskalation beim Feministen-Festival auf.
Willy Tanner fand das alles offenbar sehr interessant und fing direkt an, sie vollzutexten. So von wegen “Woher meinen Sie denn, dass das alles kommt?” und “Haben Sie den Eindruck, dass Sie sich vielleicht die falschen Freunde suchen?”. Das Schlimmste aber: sie ging voll drauf ein. Die war mega gefangen in der Psychonummer! Alarm! Ey!

Ich überlegte, wie ich sie aus diesem Sumpf rausholen könnte während sie weiter mit Willy Tanner redete und die Andrea Berg-Hexe auch schon ganz betroffen guckte. Etwas musste passieren. Mir war klar: hier musste ich zum Äußersten greifen. Für sie. Für unsere Freundschaft. Für die Band!
Also nutzte ich den Überraschungsmoment, zerrte ihr einen ihrer Schuhe mit integrierten Socken von den Füßen und zündete das Ding in einem Matrix-meets-McGyver-Move an. Es kokelte schnell und nur ihre Zündschnur war kürzer. Ich hatte ihre Schuhe angegriffen. Ich war zu weit gegangen. Die Wut war quasi instant in ihren Augen zurück. Sie riss mir den Schuh aus der Hand und fing an, mich damit zu verprügeln. Es fielen sehr viele Schimpfworte. Sehr sehr viele. Es tat schon auch recht weh, aber zwischendurch dachte ich wieder an Willy Tanner´s Gayporn und musste lachen. Hat sie nur noch wütender gemacht. Andrea Berg war schon längst am flennen. 

Es endete, wie es so oft endete. Die Bullen kamen. Wir wurden vernommen und ermahnt. Dann sind wir einen trinken gegangen, Kristiane hat mich noch vor Ort gezwungen, ihr neue Sockenschuhe zu bestellen und wir haben auf Servietten fragwürdige Zeichnungen zum Thema “Gayporn auf Crack” angefertigt.

Punk will never die!